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Münchner «Tatort»-Kommissare sagen Servus

Eine Ära geht zuende: Udo Wachtveitl (l) und Miroslav Nemec steigen aus dem «Tatort» aus. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Peter Kneffel/dpa)
Lange wurde spekuliert, jetzt ist es offiziell: Die altgedienten Münchner «Tatort»-Kommissare haben ihren Ruhestand angekündigt. In der Geschichte des Sonntagabendkrimis geht damit eine Ära zu Ende.

Die Münchner «Tatort»-Kommissare sagen Servus: Nach mehr als drei Jahrzehnten steigen die Schauspieler Miroslav Nemec (69) und Udo Wachtveitl (65) aus der erfolgreichen ARD-Reihe aus. Ihr 100. Fall soll der letzte für die Kommissare Ivo Batic und Franz Leitmayr sein, wie der Bayerische Rundfunk bekanntgab.

Nach BR-Angaben sind für 2024 und 2025 noch weitere Filme verabredet – «bevor sich die Kommissare nach dann 35 Jahren und glatt 100 Fällen vom Dienst verabschieden».

Wachtveitl nannte sein «Tatort»-Engagement «das längste gschlamperte Verhältnis, das ich je hatte». «Doch wie verabschiedet man sich aus einem so stabilen gschlamperten Verhältnis? Ein dramatischer Tod? Dafür leben der Ivo, der Franz, der Miro und ich zu gern», sagte er nach BR-Angaben. «Aber wir sind auch nicht Keith Richards und Mick Jagger, die mit 80 noch arbeiten müssen.»

Nemec sagte: «Als Tatort-‚Hauptkommissare‘ haben Udo und ich in den letzten Jahren einige echte Polizeikollegen und einen Münchner Polizeipräsidenten mit in den Ruhestand verabschiedet. Die waren alle etwas jünger als wir. Für uns ein guter Anlass, ebenfalls irgendwann ‚Servus‘ zu sagen.»

Seit 1991 im Einsatz

Das Münchner Team gehört zu den dienstältesten «Tatort»-Kommissaren überhaupt. 1991 wurde ihr erster Fall ausgestrahlt. Nur Ulrike Folkerts als Ludwigshafener Ermittlerin Lena Odenthal ist noch zwei Jahre länger im Dienst – hat aber in der Zeit deutlich weniger Fälle gehabt. Auf 93 Fälle bringen es die Münchner bislang, mehr Fälle hat noch kein Ermittler-Team. «Schon jetzt ein Tatort-Rekord», schreibt der BR.

Zwei weitere Folgen sind bereits abgedreht, fünf weitere sollen nach BR-Angaben folgen, dann sind die 100 voll. Sieben neue Episoden mit Leitmayr und Batic sollen also in den kommenden zwei Jahren noch ausgestrahlt werden – die nächste mit dem Titel «Das Wunderkind» am 4. Februar.

«99 Tatorte sollten es aus ihrer Sicht werden. Wir konnten die beiden dazu bewegen, die 100 vollzumachen», sagte die BR-Programmbereichsleiterin Spiel-Film-Serie, Bettina Ricklefs.

Die Geschichte von Nemec und Wachtveitl als Batic und Leitmayr geht zurück in das Jahr 1991 und ist damit älter als der 1993 geborene Schauspieler Ferdinand Hofer, der seit mehr als zehn Jahren den Assistenten Kalli spielt.

Das war alles gar nicht so geplant

«Die Mauer war so gerade gefallen, als der BR uns für wenigstens sechs Folgen verpflichten wollte. Das war uns viel zu lang, viel zu unübersichtlich. Man einigte sich auf das berühmte ‚Jetzt-schau’n-mer-mal‘, die lebenspraktische Essenz eines erst kürzlich verschiedenen großen Münchner Philosophen, auch ein Franz», sagte Wachtveitl nun. «Und dann haben wir geschaut, über dreißig Jahre lang. Die Zuschauer auch, zum Glück.»

Als die Kommissare am Neujahrstag 1991 zum ersten Mal in der Episode «Animals» auf den bundesdeutschen Bildschirmen erschienen, las Batic im Auto Kontaktanzeigen vor und sang «Only You». Leitmayr krümelte derweil den Beifahrersitz voll und knutschte mit seiner Freundin.

Der Film zeigte sie damals nicht etwa – wie das oft bei neuen «Tatort»-Kommissaren der Fall ist – an ihrem ersten Arbeitstag, sondern sie waren bereits Münchner Kommissare und Kollegen, so als seien sie das schon immer gewesen. Und so dürfte es sich für eine ganze Fernsehgeneration heute auch anfühlen. Aus den Berufsjugendlichen von damals sind längst die grauen «Tatort»-Eminenzen schlechthin geworden.

Dutzende Fälle rund um «Liebe, Sex und Tod» (1997), «Starkbier» (1999), den «Viktualienmarkt» (2000) und «Die letzte Wiesn» (2015) folgten auf «Animals».

Vom Amtsantritt bis zu ihrem 25. Dienstjubiläum vor einigen Jahren starben mehr als 150 Menschen im Münchner «Tatort». Das macht im Schnitt mehr als zwei Tote pro Folge. Sieben Assistenten, darunter Michael Fitz als Carlo Menzinger, haben die Kommissare dabei verschlissen. Und es gab auch bemerkenswerte Gastauftritte – darunter Rio Reiser, Bela B. von den Ärzten, Rudolph Moshammer, Karl Moik und Die Toten Hosen.

Wie wird es enden?

Die Münchner «Tatort»-Kommissare wünschen sich für ihren Ausstieg kein tragisches Ende. «Ein dramatischer Tod? Pfffhh… Wir haben immer versucht, Batic und Leitmayr als Figuren zu charakterisieren, die gern leben», sagte Schauspieler Udo Wachtveitl im Interview mit der Zeitungsgruppe «Münchner Merkur/tz». «Und was das angeht, werden wir uns in der letzten Folge sicher treu bleiben», fügte sein Kollege Miroslav Nemec hinzu. «Diese Haltung hat uns ja ausgezeichnet, das kann man schon so sagen.»

«Ich würde mich freuen, wenn wir eine wirkliche Bereicherung für den „Tatort“ waren. Und ich fände es schön, wenn sich die Zuschauer daran erinnern, dass wir nicht diesem Trübsinns-Kitsch anheimgefallen sind, bei dem alles traurig sein muss und alle so eine schicke schlechte Laune haben», sagte Wachtveitl in dem «Merkur/tz»-Interview.

«Nee! Wir, der Ivo, der Franz, der Miro und ich, wir finden: Das Leben ist gut! Und deswegen schützen wir es auch, indem wir ein Teil der Generalprävention sind sozusagen. Wer heute einen umbringen will, der soll wissen: Batic und Leitmayr kommen vielleicht um die Ecke und bringen die Welt wieder in Ordnung. Jedenfalls symbolisch.»

Von Britta Schultejans, dpa